RINGEN - Regelkanon, Erfahrungen, Meinungen... Diskussion!

Begonnen von Klaus-Peter, Juli 01, 2009, 21:08:46 NACHMITTAGS

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Klaus-Peter

Ok, ich eröffne das Thema (Geltungssucht!!):


Grundgedanken und sich ergebende Probleme:

"Kein Plan überlebt Feindkontakt." Wie nirgends bei uns im Sparring gilt dieser Spruch meiner bescheidenen Erfahrung nach beim Ringen. Wieso?

Ich rechne mir für einen Twerhau gute Chancen aus, weil mein Sparringspartner seinen Tag recht hoch hält. Also schlage ich ihn... Bis hierhin läuft alles nach Plan, aber der Partner ist nicht soooo schlecht am Schwert, senkt den Tag in eine Blockbewegung und zwingt mich in die Klingenbindung... und ab diesem Moment haben ZWEI Leute Einfluß auf mein Schwert...

Das Ringen erfolgt in Nulldistanz zum Gegner. Es ist kein werkzeugbasierender Kampf, sondern unmittelbares Agieren. Daraus folgt, daß die Dinge, die ich mir als Aktionen im Kopf zurecht lege und umsetzten will, meist unmittelbar von meinem Sparringspartner gekontert, unterbunden oder zumindest erschwert werden. So weit so gut, hieraus ergeben sich für mich jedoch einige Probleme, gerade im Hinblick auf ein Regelwerk.

Das entstehende "Gewurschtel", wenn zwei Ringer sich entscheidungsorientiert begegnen, sorgt logischerweise für mangelnde Selbstkontrolle. Nicht, weil ich plötzlich die Welt in Blut getaucht sehen will, sondern weil meine eigenen Handlungen durch Körperkontakt von meinem Gegner beeinflußt, oder gar gegen mich gerichtet werden. Hieraus ergeben sich dann bewegungsdynamische Kausalketten, die nicht eben ungefährlich sein können.

So also meine ersten Gedanken für ein Regelwerk...

1: Die Teilnahme am Ringen erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
1a: Jeder Teilnehmer hat seine Tauglichkeit zum Ringen und sein Fortschrittsniveau vor jedem Kampf eigenverantwortlich einzuschätzen. Die letztliche Einschätzung vor Beginn des Kampfes übernimmt der Schiedsrichter (ein erfahrener Ringkämpfer)
1b: Den erfahreneren Ringern und den Schiedsrichtern obliegt es, das Fortschrittsniveau und die Fähigkeiten der weniger erfahrenen Ringer einzuschätzen und daraus resultierende Risiken zu erkennen und zu unterbinden.
1c: Gegenseitiger Respekt und offene, kritische Reflekion der Handlungen aller Beteiligten gehören ebenso zum Ringkampf wie der Kampf auf der Matte selbst und sind zu gewährleisten.
2: Die Sparringspartner informieren sich gegenseitig und den Schiedsrichter vor dem Kampf über vorhandene Unsicherheiten und Grenzen der Technik und nehmen entsprechend Rücksicht aufeinander.
3: Die Beteiligten an einem Ringkampf sind Mindestens: 2 Sparringspartner, ein Schiedsrichter, evtl. Zeitnehmer. Der Schiedsrichter darf auch der Zeitnehmer sein.
4: Hebel und Würfe sind nach Absprache der Sparringspartner untereinander und mit dem Schiedsrichter zulässig. Würgen, Schläge und Tritte sind unzulässig und sofort anzuzeigen.
5: Ein STOP! durch einen der Ringenden oder den Schiedsrichter beendet den Kapf augenblicklich. Das Abklopfen eines der Beteiligten Kombatanden auf Boden oder Körper des Sparringspartners beendet den Kampf augenblicklich.


Das sind meine ersen Gedanken dazu, es fehlt aber noch eine Menge, denke ich.
Die Punkte 1a,b,c sind entstanden, weil für mich das Ringen eine wesentlich unmittelbarere, intimere und gegenseitigere Art des Nahkampfes darstellt, als dies zB. beim Schwertkampf der Fall ist (Ich weiß, auch am Schwert kann gerungen werden...). Gleichzeitig ist es weniger kontrollierbar.
Ich muß meinem Gegenüber und mir selbst vertrauen können, darauf kommt es an.

...
-Der Pessimist sagt: Es kann nicht schlimmer kommen! Der Optimist sagt: Oh doch, es kann!-

-"Bitte stoppen sie den Missbrauch von Autoren zu ihren eigenen Zwecken mithilfe sachgemässer Recherche und Zitate." Vielen Dank, ihr E.M. Arndt, ihr Friedrich Nitsche, ihre Evangelisten ua.-

Vidon

Ich finde den Part mit der Altersbeschränkung wichtig.

Was die Selbsteinschätzung angeht: §1a...da finde ich sollten wird den aber ganz klein schreiben, das ist nämlich immer sehr schnell nicht korrekt. Partner A sagt "Kann ich, kann ich" und sobald er es zeigen soll, stimmt die Hälfte davon nicht und die andere Hälfte ist anders als er es sich vorgestellt hat...ich erinnere mich da an nen Kumpel, der hat im Krankenhaus Zivildienst geschoben. Wenn der irgendwas machen musste, was den Patienenten hätte Schmerzen zufügen können hat er sie gewarnt und gesagt "Also, das kann jetzt weh tun, sagen sie mir auf einer Skala von 1-10 wie schlimm es ist, wobei 10 nicht mehr auszuhalten darstellt" So gut wie alle schrieen bei der einfaachsten Kanüle 10...was ich sagen will: Selbsteinschätzung sollte nicht wirklich Ausschlag geben. Es sollte IMMER jemand der es besser kann drüber schauen. Deswegen sollte §1c definitv durchgeführt werden.

§4 würde ich dadurch ergänzen dass es eben nicht nur nach Absprache zulässig ist sondern auch erst nach einem OK durch die Trainer. Und Altersbeschränkung eben. Ich glaube zwar nicht dass es dazu kommen wird, aber ich wöllte nicht, dass unser Vereinsknilch an meinem Arm zerrt um zu hebeln, auch wenn Philemon sicher noch nicht die Kraft hat wie Hannes ( von dem ich natürlich auch keinen Armhebel will  :-P)
Mich fragte mal ein Ire im Zug: Was ist der Unterschied zwischen einer irischen Hochzeit und einem irischen Begräbnis?
Auf dem Begräbnis ist ein Besoffener weniger.

Erkenntnis: Söldner werden überall gebraucht. Denn immer dort wo ich hinkomme heißt es: Sölder...ihr habt mir grad noch gefehlt.

Captain

Was die Minderjährigen angeht, besteht das Problem wohl weniger in dem was zu tun, sonder mehr in dem was sie kassieren. Wenns nämlich mal zu ner Verletzung kommt (kann man ja nie ganz ausschließen) kommen da nämlich noch Elternteile mit ins Spiel. Die mögen vielleicht ne Einverständniserklärung unterschrieben haben zusammen mit dem Mitgliedsantrag ihres Sprösslings aber Stress können die deshalb sehr wohl machen.
Spielertyp nach Robin D. Laws: Storyteller 100%, Method Actor 92%, Tactician 75%, Specialist 50%, Butt-Kicker 50%, Casual Gamer 12%, Power Gamer 0%
NSC-Code: LE+MP-ST-FF0KO+!AG+IN0RR-!AT/PA+!EP0GP0PSI-MTF0PAIN-HdR-I

Hannes

@Ringregeln

Schon eine gute Zusammenstellung.  Ollis Einwand betreffs §4 ist richtig, dass auch der Schiedsrichter sein OK geben soll. Kannst du das noch nachtragen? Was das Alter angeht: Das ist in meinen Augen wurscht, denn sowohl unerfahrene (was keine Frage des Alters ist!) als auch erfahrene Kämpfer können Techniken versuchen anzubringen, die nicht gewünscht sind. Da ist dann der Schiedsrichter gefragt. Nichts weiter.

Ich kopier hier nochmal meinen alten Post betreffs der Kampfmodi:

Prinzipiell gilt das Gleiche wie beim Waffensparring:
Der Partner stellt die Möglichkeit im freundschaftlichen Wettstreit seine eigenen Fähigkeiten zu testen und ist deshalb mit aller gebotenen Vor- und Umsicht zu behandeln.

Was beim Ringen anders ist:
Es gibt einen Standardmodus in dem gekämpft wird (der natürlich auch im Einvernehmen geändert werden kann), nämlich das Grundringen. D.h. im Detail:

  • Gekämpft wird auf den Knien, ein Knie bleibt immer am Boden.
  • Nicht erlaubt sind Gelenkhebel, Würgen aller Art, Kratzen, Beißen, Schlagen, Schreien und alle Aktionen die gezielt Schmerzen hervorrufen sollen.
  • Gekämpft wird bis zu 2min oder wenn eine eindeutige Entscheidung getroffen werden kann. Eine eindeutige Entscheidung beinhaltet in diesem Modus entweder den Abbruch seitens eines Kombattantens (Abklopfen, STOP!), seitens des Schiedsrichters (STOP!) oder das Festhalten eines Kombattanten durch den Anderen für 3sec. Angezählt wird vom Schiedsrichter.  Das Anzählen kann unterbrochen werden, so lang sich der Angezählte noch aktiv und effektiv wehren kann.
  • Der Kampf wird unterbrochen und fortgesetzt, wenn das Kampffeld während des Kampfes gestört wird (z.B. Matten verrutschen) oder mind. einer der Kombattanten zum Großteil außerhalb des Kampffeld ist.
Weitere Modi die ich vorschlage:

  • Standringen: gleiche Regeln wie beim Grubenringen, nur halt im Stand. Würfe sind mit Vorsicht zu genießen.
  • Stehauf-Ringen: Ähnlich dem Standringen, jedoch führt eine deutliche und klare Technik  zum sofortigen Sieg und ein Verlassen des Kampffeldes mit beiden Füßen zur sofortigen Niederlage. Als Techniken sind die Techniken der deutschen Schule zugelassen.* Dieser Modus ist somit vor allem zum Techniktraining gedacht.
  • Freiringen: Wie Standringen, jedoch sind im begrenzen Umfangen Gelenkhebel und Würfe zugelassen. Nur für Fortgeschrittene!
  • Grubenringen (das richtige ;)): Ein Kreis auf der Matte. A steht mit einem Bein im Kreis und darf diesen nicht verlassen. B hüpft auf einem Bein und versucht aus dem Kreis zu bringen. B darf nicht mit beiden Beinen am Boden sein.
*: Dazu zähle ich vor allem die Techniken die wir beim Ringenseminar behandelt haben - Ausheben, Hüftwurf, Ausheben am Bein (Firemans-Carry),....


@Captain

Das ist aber kein typisches Problem des Ringens, sondern ein Problem aller Sportarten, die eine direkte Konfrontation zweier oder mehr Menschen beinhalten.
"1.33 ist die Grenze zwischen Gut und Böse."

Klaus-Peter

Hab oben mal ergänzt.

@ Vidon...
1b soll 1a absichern... Zumindest habe ich mir das so gedacht.
-Der Pessimist sagt: Es kann nicht schlimmer kommen! Der Optimist sagt: Oh doch, es kann!-

-"Bitte stoppen sie den Missbrauch von Autoren zu ihren eigenen Zwecken mithilfe sachgemässer Recherche und Zitate." Vielen Dank, ihr E.M. Arndt, ihr Friedrich Nitsche, ihre Evangelisten ua.-

Captain

Zitat@Captain

Das ist aber kein typisches Problem des Ringens, sondern ein Problem aller Sportarten, die eine direkte Konfrontation zweier oder mehr Menschen beinhalten.
unzweifelhaft richtig.
Spielertyp nach Robin D. Laws: Storyteller 100%, Method Actor 92%, Tactician 75%, Specialist 50%, Butt-Kicker 50%, Casual Gamer 12%, Power Gamer 0%
NSC-Code: LE+MP-ST-FF0KO+!AG+IN0RR-!AT/PA+!EP0GP0PSI-MTF0PAIN-HdR-I

ccj

Wenn nur der Schlaf wieder käme. Aber die Anzahl der Baustellen ist derzeit enorm. Eine können wir eigentlich  abhaken. Einigen wir uns der Einfachheit halber auf zwei alltäglich kommunizierbare Begriffe. Wie etwa"Wursteln" und "Ringen". Alles hier schon beschriebene ist damit nicht obsolet. Ich möchte aber anmerken, das es sich um die Niederschriften der ersten Generation in diesem Verein handelt. Alles was wir jetzt basteln, ist Trainerzeugs und prägt für Jahre (weil alle die von jetzt an beharrlich sind, in irgend einer Weise lehren werden müssen/ sollen / können).  Allltäglich möchte ich eigentlich keine zu hohe Komplexität provozieren, welche zu viele Feinheiten mit sich bringen.

Alle "ungefählichen" Sachen packe ich ins Wursteln. Hier können sich auch die jüngsten unter Aufsicht ausprobieren oder einfach nur toben. Alles was nur im Techniktraining und vielleicht einmal im Sparring der erfahrensten und unerschrockensten vorkommt, das kommt ins Ringen. Es gibt eine Altersgrenze für die höheren Ringen (Kriegsringen). Die schwankt zwischen 16 und 18. Entscheident ist aber die Führung des Trainingsbuches und die mehrmalige sichere Vorführung der vermittelten Inhalte. DAs Einschätzen der Person sollte über die Erfahrung  laufen. Solche Daten schreibe ich persönlich auch ungern nieder.

Zur Rolle des Trainers:
Ringrichter sind nicht gleich Trainer. Der/die Trainer haben den Hut auf und leiten die gesamte Triningseinheit. Ringrichter sollte jede/jeder sein. Der Schulung wegen. Die Trainer halten dreierlei Aufgabenbereiche:

- Standarttraining des Kanons
- Sparring
- Forschung / Experiment

Alles in allem eine ganz schöne Belastung. Deshalb sollten ALLE Gruppenmitglieder (Ringinteressierte) die Möglichkeit Trainingseinheiten auszuarbeiten und sich selber und das Material gemeinsam auszutesten erhalten . Das System festigt ganz nebenbei die Sicherheit im Umgang mit der Trainerfunktion, Kritikfestigkeit, Stress etc.. Die Themen können frei gewählt werden oder sich an dem roten Faden des Kanons entlanghangeln. Mehrfachbehandlung ist möglich. Es können winzige Aspekte oder globale Prinzipien sein. Entweder man wird vom Trainer gebeten  oder es kommt einem selber die Idee, ein Thema mehr durchdringen zu wollen.

Ich würde als Ziel festhalten, Fechter zu erziehen. Uns fünfe hier und den Rest. Ich selber sehe Ringen als meine Tür zum Fechten. Andere sehen diese Tür im Schwert, ein dritter im Dolch. Das lange Schwert ist unser Basistool. Ein bisschen erinnert es mich ans Englische. Bis zur Handhabbarkeit ist es sehr einfach zu erlernen. Aber um von sicherem Sprechen, Hören und Verstehen ausgehen zu können, müssen alle Aspekte der Sprache wenigstens beleuchtet werden. Eine Reise nach England wäre nicht schlecht, regelmäßiger Umgang in Schrift und Wort mit Geburtssprachlern ist auch vonnöten. Gleich dem, ist das Lange Schwert zu einer und einer halben Hand, grundsätzich simpel aber dann erstaunlich detailreich. "Schwertspiel" trägt also nicht seinen Sinn im Namen, sondern das Werkzeug mit dem alles beginnt. Einer bleibt dabei, andere vielleicht nicht so sehr. Nur dem entziehen darf sich niemand. Alles wird auch mit und am Schwert getestet! So sind FechterInnen gezwungen alle Aspekte des historischen Fechtens am Schwert zu ergründen. Weil wir aber keinen Leistungsdruck haben, können wir gaaaanz relaxt rangehen und unser  System vervollständigen. Das Regelwerk muss also nicht jetzt in einem Guss entstehen. Das Regelwerk ist derzeit ausreichend und ich MUSS den Hans-Peter jetzt nicht zwangsläufig würgen. Ein andermal. :evil: :evil: :evil: :-D

 
Jegliche Kriegsführung beruht auf Täuschung, Wenn du kompetent bist, täusche Unfähgkeit vor; wenn aktiv, gib dich untätig. <br />Autorenkollektiv Sun Zi, vmtl. 6. - 4. Jh. v. Chr., nach Samuel B. Griffith 1963, Sun Zi - Die Kunst des Krieges - Die neue illustrierte Ausgabe, Evergreen -Verlag, 2

Vidon

#7
Ich lege die Betonung auf MEHRFACHE und SICHERE Vorführung...

Alles wird auch mit und am Schwert getestet! So sind FechterInnen gezwungen alle Aspekte des historischen Fechtens am Schwert zu ergründen. da geh ich mit.
Mich fragte mal ein Ire im Zug: Was ist der Unterschied zwischen einer irischen Hochzeit und einem irischen Begräbnis?
Auf dem Begräbnis ist ein Besoffener weniger.

Erkenntnis: Söldner werden überall gebraucht. Denn immer dort wo ich hinkomme heißt es: Sölder...ihr habt mir grad noch gefehlt.

Hannes

Ein Lob für Chris. Schöner Text :).


Auf dann, bis Montag, ich bring unser Geschreibsel noch mal in eine ausdruckbare Form und bring sie dann mit.
"1.33 ist die Grenze zwischen Gut und Böse."

Vidon

Also ich finde die Videoaufnahmen vom Ringen wirklich gut, selbst der Teil ohne Ton ist sehr gut, weil die Gesten fast schon selbsterklärend sind.
Mich fragte mal ein Ire im Zug: Was ist der Unterschied zwischen einer irischen Hochzeit und einem irischen Begräbnis?
Auf dem Begräbnis ist ein Besoffener weniger.

Erkenntnis: Söldner werden überall gebraucht. Denn immer dort wo ich hinkomme heißt es: Sölder...ihr habt mir grad noch gefehlt.