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Schwertphysik

Begonnen von Tom, Juli 31, 2011, 22:08:14 NACHMITTAGS

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Tom

Hallo Dresdner Schwertspieler.

bei der Konstruktion einer Klinge für ein Langschwert stellen sich mir einige Fragen:

- an welchen Stellen bricht eine Klinge "gern"
- bei welchen Belastungsarten bricht sie
- wo sollten die Schwingungsknoten eurer Meinung nach liegen
- für welchen Zweck sollte ein Langschwert ausgelegt werden (Schnitte, Hiebe...)

Für das Optimieren der Klinge kann ich Schwingungsformen und Spannungen bei statischen/dynamischen Belastungen berechnen. Habt ihr möglicherweise Literaturempfehlungen, welche die angesprochenen Punkte näher beleuchten? Das 2. Bild zeigt eine Deteilberechnung des Angelansatzes bei einer Biegebelastung und das 3. Bild zeigt die erste Eigenschwingung.

Ich freue mich auf eure Meinungen!

Herzliche Grüße nach Dresden
Tom







Vidon

Also Klinge habe ich noch keine Brechen sehen, aber ich vermute, es wird recht nahe am Heft sein, da es dort am wenigsten flexibel ist. Und natürlich wenn irgendwelche beschädigungen vorhanden sind. Ansonsten, bei zu starker Biegebeanspruchung.

Ausgelegt sollte ein langschwert sowohl für Hiebe als auch Schnitte sein, als auch für Stiche, sagt man ja schließlich: "die drei Wunder"...Hieb, Schnitt und Stich. Und es gibt für alle drei Dinge Techniken, die meisten kombinieren sogar.

Mich fragte mal ein Ire im Zug: Was ist der Unterschied zwischen einer irischen Hochzeit und einem irischen Begräbnis?
Auf dem Begräbnis ist ein Besoffener weniger.

Erkenntnis: Söldner werden überall gebraucht. Denn immer dort wo ich hinkomme heißt es: Sölder...ihr habt mir grad noch gefehlt.

ElPATE

Hallo Tom!

Über die konkrete "Brechneigung" eines Schwertes kann ich dir mangels Erfahrung darüber nichts sagen. Wahrscheinlich hängt das von der Konzeption eines Schwerts genauso wie vom Schmieden an sich und dem verwendeten Material ab. Ich weiß aber, dass eine normale Klinge im Gebrauch eigentlich nur bricht, wenn sie schon vorgeschädigt ist, und das wird mit größerer Wahrscheinlichkeit in der Mitte oder der Spitze der Klinge passieren.

Bezüglich der Auslegung des Schwert kann ich dir sehr detalliert sagen: Hängt ganz davon ab ;-) Es gibt etliche Sonderformen und eigentlich gleicht kein Schwert dem anderen. Vom Panzerstecher bis zum hieblastigen Sattelbaumschwert ist da alles dabei.
Fuer das Lesen meiner Beitraege wird ab 2009 eine Gebuehr erhoben. Entscheidend fuer die Erhebung der Gebuehr wird dabei nicht das tatsaechliche Lesen des Beitrages sein, sondern, dass Sie die Moeglichkeit haetten, diesen Beitrag zu lesen! Fuer die Anregung zu dieser Geschaeftsidee danke an die GEZ!

Captain

Ich hab bisher in ca 6 Jahren nur ein einziges Mal ne Klinge brechen sehen und da würde ich eher von ner Stahlleiste sprechen als von ner Klinge. Dort war der Ansazupunkt des Hefts, direkt über dem Parier der Punkt an dems auseinander ging. Aber wie gesagt: Stanzblech mit Heft. Und massiv schartig wars auch schon.

Und was die Auslegung angeht, seh ich das genau wie die anderesn auch schon. So ein Schwert ist verdammt vielseitig. Ich kann mir keine andere explizite Nahkampfwaffe vorstellen, die noch vielseitiger wäre.
Spielertyp nach Robin D. Laws: Storyteller 100%, Method Actor 92%, Tactician 75%, Specialist 50%, Butt-Kicker 50%, Casual Gamer 12%, Power Gamer 0%
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Tom

#4
Die Angel ist meines Erachtens ein mit besonderem Augenmerk zu konstruierendes Detail, da sich dort der Klingenquerschnitt (definiere: Klinge ist das Stück Stahl vom Ort bis zur Knaufniete (o.Ä.)) besonders drastisch ändert und bei Biegebelastung Spannungsspitzen entstehen. Dass beträchtliche Kerbspannungen bei beschädigter Klinge auftreten ist ein wichtiges Detail und wirft weitere Fragen bezüglich der Schneidengeometrie, der Materialwahl und Wärmebehandlung auf.

Ich präzisiere meine Frage bezüglich der Auslegung: Welche Anwendungen bevorzugt der heutige Schwertkämpfer (und auch Schnitttester)? Ich verfolge die Debatten über die Verwendung neuartiger Kunstoffwaster im Training und frage mich, ob der Gebrauch von Stahlwaffen eher rückläufig ist. Gibt es evt. Anwendungen bei denen es besonders wichtig ist, gut ausgewogene Stahlwaffen zu benutzen?

Viele Grüße
Tom

Captain

Die Kunststoffwaster verwenden wir im Training wegen einiger spezifischer Vorteile: deutlich breitere Kante (weniger Schutzausstattung nötig), biegt sich durch (in gewisser Weise Stichfähig), preisgünstig zu bekommen (daher für Einsteiger eine gute Wahl). Man kann die Dinger aber ganz sicher nicht für Schnittests gebrauchen.
Was bei uns durch die Nylons praktisch vollkommen ersetzt worden ist sind die Holzschwerter. Und ich könnte mir vorstellen, daß sie einen Einfluß auf den Kauf von Fechtfedern haben könnten, weil man stichlastiges Training jetzt nichtmehr ausschließlich mit den Federn trainieren muß. Auf Stahlschwerter, egal ob scharf oder als Schaukampfausführung, kann ich mir keine nennenswerte Veränderung des Kaufwillens vorstellen.

Mir persönlich ist mein Stahlschwert wichtig und ich habe viel Augenmerk auf die Balance. Mein Gerät ist ca 1300g leicht und hat nen Schwerpunkt gerade mal knapp 2 Fingerbreit über dem Parier. Es hat dabei einen rautenförmigen Klingenquerschnitt (macht sie recht biegesteif) ohne Hohlkehlung.
Die Balance ist von großem Vorteil bei allen Technik Drills und auch im Freikampf (für die Präzision). Die Biegesteifigkeit kommt der Arbeit im Winden zu Gute.

Hilft die das?
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Dominic

Zitat von: Tom in August 01, 2011, 12:24:34 NACHMITTAGS
Ich präzisiere meine Frage bezüglich der Auslegung: Welche Anwendungen bevorzugt der heutige Schwertkämpfer (und auch Schnitttester)? Ich verfolge die Debatten über die Verwendung neuartiger Kunstoffwaster im Training und frage mich, ob der Gebrauch von Stahlwaffen eher rückläufig ist. Gibt es evt. Anwendungen bei denen es besonders wichtig ist, gut ausgewogene Stahlwaffen zu benutzen?
Ganz konkret: Die Fechtfeder 2.0 von swords and more ist vom Handling und Gefühl immernoch besser als die Waster. Aber die Waster sind billiger. Eine gut ausgewogene Stahlwaffe, mit der man auch stechen kann (eben eine Fechtfeder) ist das beste Trainingsgerät.
Es ist kein Narr, der Possen reißt und auch kein Narr, der Unsinn spricht. Der wahre Narr ist der, der meist, nur staunt und blinden Glaubens ist.
- Eichenschild

Tom

sQeedys Aussage entnehme ich, dass dem am professionellen Schwertkampf gelegenen Sportler eine Feder eher behagt und eine Stahlwaffe im herkömmlichen Sinne (voll ausgebildete Schwertklinge mit breiterer Schlagkante) für das Training eher ungeeignet ist.

Die einzigen Personen denen ein "normales" Schwert noch nutzt, sind dann nur: "Sammler, Schnitttester und Schaukämpfer"?



Viele Grüße
Tom

Aardjon

Zitat von: Tom in August 01, 2011, 19:25:09 NACHMITTAGS
Die einzigen Personen denen ein "normales" Schwert noch nutzt, sind dann nur: "Sammler, Schnitttester und Schaukämpfer"?
Würd' ich so nicht sagen. Gerade grundlegende Bewegungsabläufe und auch einfache Partnerübungen kann man durchaus sehr gut mit Schaukampfschwertern üben, genauso wie das Winden am Schwert (dann muss man allerdings Einschränkungen beim Stechen hinnehmen). Das höhere Gewicht gegenüber Holz- und Plastikschwertern kann dabei auch vorteilhaft sein (was den Trainingseffekt angeht).

Weiterhin kann man auch mit Stahlschwertern kämpfen wenn man entsprechende Schutzausrüstung benutzt, seine Waffe gut unter Kontrolle hat bzw. nur Halbkontakt kämpft. Es gibt auch nicht wenig Leute die das tun (nur bei uns im Verein wird's nicht gemacht weil die meisten nur Vollkontakt kämpfen). Ein echtes Stahlschwert (also keine Feder) ist IMHO der beste (wenn auch nicht unbedingt "sicherste") Schwert"simulator" :)

Eine Stahlklinge hab ich noch nie brechen sehen, aber die Holzschwerter brachen immer vorzugsweise etwa in der Mitte (ist hier letzte Woche erst wieder passiert)... keine Ahnung ob man das irgendwie übertragen kann ::)



Und noch eine OT-Kleinigkeit:
Zitat von: Captain in August 01, 2011, 13:19:05 NACHMITTAGS
Die Kunststoffwaster verwenden wir im Training wegen einiger spezifischer Vorteile: deutlich breitere Kante (weniger Schutzausstattung nötig),
Deutlich breitere Kante als was eigentlich? Ich hab mir mal Rosas Plastikschwert genauer angeschaut, da ist die Schlagkante nicht wirklich breiter als die meines Stahlschwertes (es mag aber vielleicht unterschiedliche Waffen geben). Die Schneide ist im Profil so halbrund ausgeführt, wodurch die eigentliche Aufschlagfläche relativ schmal wird. Der "Sicherheitsgewinn" bzw. die geringere Schlagenergie resultiert meiner Meinung nach in erster Linie aus dem geringeren Gewicht der Waffe, was man aber durch entsprechend hartes Zuschlagen ein Stück weit ausgleichen kann *g* ^^
Dass man weniger Schutzausrüstung benötigt als vor Einführung der Plastikschwerter kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen. Sieht man ja auch daran dass die meisten trotz Plastikschwert massiv in ihre Schutzausrüstung investieren (müssen)...
Auf jeden Fall fühlt sich ein Treffer von einem Plastikschwert ähnlich an wie einer mit einem Stahlschwert. Treffer mit Holz- oder den alten Polsterwaffen waren (soweit ich mich erinnern kann) damals wesentlich angenehmer (vor allem mit weniger Schutzkleidung).

Aber sorry für's OT...

LG,
Thomas
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Ignis Cantores

Captain

Zitat von: Tom in August 01, 2011, 19:25:09 NACHMITTAGSsQeedys Aussage entnehme ich, dass dem am professionellen Schwertkampf gelegenen Sportler eine Feder eher behagt und eine Stahlwaffe im herkömmlichen Sinne
Da haste ihn aber ganz schön seltsam interpretiert. Er hat Fechtfeder mit Nylon Waster verglichen. Da eine Ablehnung von normalen Stahlschwertern rauszulesen halte ich für gewagt.

Zitat von: Aardjon in August 02, 2011, 07:18:16 VORMITTAG
Zitat von: Captain in August 01, 2011, 13:19:05 NACHMITTAGS
Die Kunststoffwaster verwenden wir im Training wegen einiger spezifischer Vorteile: deutlich breitere Kante (weniger Schutzausstattung nötig),
Deutlich breitere Kante als was eigentlich?
Breiter als die eines Stahlschwerts in Schaukampfausführung. Die Nylons sind etwa nen Zentimeter dick und nicht nur 2-3mm. Auch wenn da ne Rundung da ist. Die Rundung macht nur den allerersten Moment aus. Aber wir schlagen ja nicht auf knochenharte Ziele sindern welche deren Oberfläche ein Stück nachgibt. Und da kommt dann die Breite durchaus zur Geltung. Hart sind die Dinger natürlich beide und vom Impact her mit Schaumstoff nicht im mindesten zu vergleichen.
Mit nem Nylon reicht mir jedenfalls dünnere Schutzausstattung ganz gut, während ich beim Stahl wirklich gute Polster brauche, wenn ich mir blaue Flecke möglichst sparen will. Ich bekomm den Unterschied schon sehr gut mit.
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Tom

#10
Um wieder etwas auf meine ursprüngliche Fadenintentionen zurückzukommen, eine weitere Frage:
Kennt ihr Überlieferungen von Klingenbrüchen (historischer seits und abgesehen von <spass>Narsil</spass beiseite>)?

Viele Grüße
Tom

Achso und Thomas: vermutlich ist die Geometrie eines Holzschwertes (und auch das Materialverhalten) nur bedingt vergleichbar mit der von Stahlwaffen. Nun kam jedoch abermals der Hinweis, dass eine Klinge mittig bricht. Das ist ein Anhaltspunkt für mich.

Tom

#11
@ ElPATE:

welche "Auslegung" würdest Du konkret für das Fechten mit dem langen Schwert präferieren? Vermutlich so ein Mittelding zwischen Hieblastig und ...? Wahrscheinlich kein Panzerstecher?

Viele Grüße
Tom

ElPATE

Hallo Tom!

Ich persönlich würde wohl eher ein weit hinten balanciertes, stichlastiges Schwert bevorzugen. Das ist aber meine persönliche Ansicht hinsichtlich der Optimierung auf meinem Kampfstil.
Im Übrigen waren im ausgehenden Mittelalter durchaus verschiedene Klingen beim selben Meister in Verwendung - ausgewählt wurde abhängig vom konkreten Zweck.
Fuer das Lesen meiner Beitraege wird ab 2009 eine Gebuehr erhoben. Entscheidend fuer die Erhebung der Gebuehr wird dabei nicht das tatsaechliche Lesen des Beitrages sein, sondern, dass Sie die Moeglichkeit haetten, diesen Beitrag zu lesen! Fuer die Anregung zu dieser Geschaeftsidee danke an die GEZ!

Dominic

Hey Tom,

nur zu meinem Verständnis: Was genau willst du am Ende als Produkt haben? Einen perfekten Schwertsimulator für's Fechttraining oder ein modernisiertes, voll funktionsfähiges Langschwert?
Es ist kein Narr, der Possen reißt und auch kein Narr, der Unsinn spricht. Der wahre Narr ist der, der meist, nur staunt und blinden Glaubens ist.
- Eichenschild

Tom

#14
Hallo sQueedy,

ich würde mehrere Varianten nicht ausschließen. Ich möchte ein Langschwert für das Training mit stumpfer Kante und (trotzdem) guter Balance und ein funktionales (voll funktionsfähiges) Schwert konstruieren.

Viele Grüße
Tom